Kritiken


Atelierbesuch bei Karin Döhler (Auszüge)

Klaus Springen, Leiter der Kulturredaktion der Erlanger Nachrichten
Zur Ausstellungseröffnung „Con Moto“ im Erlanger Kunstverein, 1999

 

Instrumente und Noten, Bücher, Bilder und Skulpturen: In diesem Haus wird musiziert, gelesen und gemalt und gestaltet. Karin Döhler scheint diese Umgebung zu brauchen: Literatur und Musik und Kunst sind Stimulanz für das eigene Schaffen als Malerin.
Als Karin Döhler mit ihrer Familie 1986 nach Erlangen übersiedelte, steckte sie gerade in einer neuen Phase ihrer künstlerischen Entwicklung. Sie hatte zuvor in den Staaten gelebt und an der Westküste, in Palo Alto, den Schritt von der realistischen zur freien Malerei gewagt.
Lange schon wollte die in Neubiberg geborene und in München ausgebildete Werbegrafikerin neue Bereiche der Kreativität erobern. So war die Neubestimmung in Amerika eine innerlich vorbereitete Entwicklung, die durch den Ortswechsel angestoßen wurde. Und sie fand dort in Kalifornien Lehrer, die ihr den Weg wiesen zu ihrer jetzigen dynamischen Malerei, die sehr viel Ursprünglichkeit hat und impulsiven Kräften nachgibt.
Auf den Besucher, der über die Kellertreppe in Karin Döhlers Arbeitswelt hinabsteigt, macht das Atelier einen zunächst ernüchternden Eindruck. Es ist aufgeräumt, für ihre Art Kunst viel zu aufgeräumt. Die Farben sind wohlgeordnet. Rückwärts steht – wie verwaist – die Staffelei. An den Seiten ein Bücherregal, eine Musikanlage und vis-a-vis  – hintereinandergereiht – die großformatigen Acrylbilder.
In Griffnähe des Arbeitstisches liegt oben auf einem kleinen Bücherstapel das Skizzenbuch. Sie habe es immer bei sich, hatte sie erzählt. Auf Reisen selbstverständlich, aber zum Beispiel auch im Theater oder im Restaurant. In ihm hält sie alles fest wie in einem Tagebuch, aus diesen Skizzen nährt sie ihre Kreativität: Menschen, Landschaft, Architektur, Alltagsgegenstände, alles was sie umgibt. Oft sind es figürliche Darstellungen, die die Bildidee in ihr auslösen und sie zur Umsetzung auf das große Format zwingen.
Wichtig ist ihr auch die Musik. „Con Moto“, diesen Begriff aus der Welt der Musik hat sie als Motto über ihre Ausstellung beim  Kunstverein  Erlangen gestellt. Bei dieser Gelegenheit wird Karin Döhler auch ihre Keramikarbeiten vorstellen. Es sind Stelen. Statik und Bewegung, beides sei für sie von Bedeutung...
 

 


Zur Ausstellung „Projektionen“

Martina Sutter zur Ausstellung „Projektionen“ im Palais Wildenstein in Erlangen, Januar 2001


Farblandschaften als großflächige Gebilde, die Bildvorstellungen aus dem eigenen Erleben produzieren, bei denen klar formulierte und figurative Elemente auf die Ebene der Assoziation zurückgenommen wurden – so präsentieren sich die Gemälde der Erlanger Künstlerin Karin Döhler.
Sie arbeitet mit frei fließenden  Formen und Linien, die mit energiegeladener Vehemenz niedergeschrieben werden. Acrylfarben, Sand und Wasser sind zum Teil mit großen Bürsten auf die großflächigen Formate übertragen worden. Mit kraftvollen Bewegungen bricht die Künstlerin dann jedoch die Farbflächen wieder auf, und führt so den Blick des Betrachters in die Tiefe. Das so entstandene Linienspiel bleibt aber ohne explizit beschreibende Funktion.
Es sind vielmehr spontane und intuitive Reaktionen auf Sinneseindrücke, auf Strukturen und Rhythmen, ohne starre ordnende Vorgaben, wie etwa das „Cappriccio“ – so ein Bildtitel – das sowohl in der Musik als auch in der bildenden Kunst, die unerwartete und fantasievolle Kombination von Einzelmotiven bezeichnet.
Die Arbeiten sind farblich kontrastreich konzipiert und besinnen sich häufig auf einen – nicht klassischen – Dreiklang als übergeordnetes Farbschema. Trotzdem erscheinen die einzelnen Farbflächen nicht einheitlich monochrom, sondern sie setzen sich aus einer Vielzahl von lasierend übereinander gelegten Farben zusammen, die gemeinsam einen changierenden Effekt haben. Zusammen mit den Strukturen, die der Malprozess hinterlassen hat, wurde so eine spannungsreiche Bildsprache gefunden.
Musik und Literatur bilden bei Karin Döhler ein weites Inspirationsfeld. Dantes „Divina Commedia“ hatte die Künstlerin vor Augen, als sie zwei ihrer präsentierten Stelen aus gebranntem Ton konzipierte. Und ihre Serie der Monotypien setzt sich mit dem „Hohelied Salomons“ auseinander.
Fasziniert hatte die Künstlerin bei diesem alttestamentarischen Werk vor allem das ungezwungene Zusammenwirken von „Erotik und Spiritualität“. Zitate aus der Übersetzung von Klaus Reichert hat sie in ihre Bildsprache übertragen. Auch hier ist es, wie in den Gemälden, das Mit- und Nebeneinander von Flächen und gewundenen Linien, der den Charakter der Arbeiten bestimmt.

 

 

 

Zur Ausstellung im Stadtmuseum Penzberg „Flächen und Linien“
Süddeutsche Zeitung, 21. Juni 1999


... auf großzügige Flächen malt und zeichnet die Erlanger Künstlerin Karin Döhler. Dafür verwendet sie Tusche ebenso wie Feder oder Bleistift. Eindrucksvoll erscheint der Siebdruck „Tango“, der einen Tangoabend in acht Blindskizzen darstellt.
Als Hommage an Paula Modersohn-Becker sind sieben Radierungen zu sehen. Im Format von 20 auf 30 Zentimetern zeigt die Künstlerin ihr Geschick in der aussagekräftigen Zeichnerei mittels wohldosiert aufgetragenen Strichen.
Im Garten gibt es als „Schmankerl“ noch drei mehrere Meter hohe Keramikstelen zu bewundern.

 

 

 

Zur Ausstellung „Along Highway I“ in Santa Barbara, Kalifornien

Anette Kubitza, Art Historian, Santa Barbara, 1995

 

During her six-month stay in the Santa Barbara area, Karin Döhler worked on this series of paintings and collages titled „Along Highway 1“. The names of streets, points and beaches such as „Wagon Wheel Road“, „Corral Canyon“ or „Pebble Beach“, adjacent to the highway, as well as actual visual impressions, inspired the artists imagination.
But Karin is not interested in a realistic rendering of her surroundings. In fact, her images do not concur with the appearance of the actual locality. She is interested in forms, color, light and dark, and the atmospheric connotations of things and names. Though predominantly abstract, this collection of work does trigger feelings of familiarity.
In „Spyglass Drive“, for example, shades of white, black and gray resemble tectonic and vegetative forms. The spyglass, a metaphor for the act of seeing itself, of exploring in detail, bundles vision, in this case impressions. But a spyglass can also bundle sun rays to create heat. This painting makes me think of last years fires, and how they have left nature and architecture in a new kind of unity.
The road name „Wagon Wheel Road“ inspired the bright circular forms that are superimposed on the ultrmarine-blue background. In actuality this place is a hardly picturesque crossing with some cardealers or gasstations at the corners. But „Wagon Wheel Road“ does not try to capture that place, it captures a quintessential Southern Californian experience, driving on a Highway during sunset: The purple, pink and orange sky, neon advertisement, swirling red headlights of cars.

 

 

 

Zur Ausstellung „Interchange“ in Bombay, Indien

Bombay Times, The Times of India, 13. Januar 2003

 

„Interchange“, an exhibition by German artist Karin Dohler is presented by at the Hacienda Art Gallery by the Max Mueller Bhavan.
Karin makes her own colour by mixing pigments with acrylic liquid. „Creature“, „Show-time“ and „Tea-time“ on canvas creates an experience of immediacy through clearly visible broad brush strokes, that communicates spontaneity with reference less to the objects painted than to their perception. Her installation incorporating Palm tree barks which like her pictorial symbols of her paintings provide artistic visualisation of working hypotheses. Karin evades traditional criteria. Materials and form are subordinated as secondary elements to a superior expressive strategy. In her paper works, Karin makes her own paper mass embedding various materials like iron, copperwire and quartz sand, her wax and tar on paper are astounding.



 
Karin Döhler – Malkunst dreier Kontinente

Johann Adam Stupp, Ehrenvorsitzender des Erlanger Kunstvereins, September 2006

 

Ausgezeichnete Gedenktafeln schuf in letzter Zeit die Malerin und Grafikerin Karin Döhler, die unter anderem die Tafeln für Jakob Herz, Emmy Noether und Robert Gradmann gestaltete, mit klaren, schnörkellosen Schriftzeichen und Symbolen. Karin Döhler, geboren in Neubiberg, in München zur Werbegrafikerin ausgebildet, kann das. Aber nicht darin, auch nicht in ihrem Einsatz als Kunstlehrerin liegt ihre Bedeutung; sie ist vielmehr mit ihren Gemälden, Mischtechniken, Aquarellen, Collagen, Siebdrucken, Monotypien und nicht zuletzt Keramiken eine unverwechselbare Persönlichkeit in der Kunstszene unserer Region.
Karin Döhler hatte Gelegenheit während eines mehrjährigen Aufenthalts in den USA ihr Studium bei namhaften Lehrern zu ergänzen. Nicht weniger bedeutsam war für sie die Bekanntschaft mit den weltweit führenden Spezifika der amerikanischen Kunst der Nachkriegsjahrzehnte, deren Einfluss auf ihre malerische Entwicklung unübersehbar ist: so die nicht kompositionell konzentrierte Verwendung biomorpher Formen. Charakteristisch für Karin Döhlers raumfordernde Acrylbilder ist unter anderem der gestische Einsatz der schwarzen Farbe, seien es dynamische Linien oder dick aufgetragene balkenartige Pinselstriche, die das Gleichgewicht zwischen bewusster Strukturierung und spontaner Gestaltung kennzeichnen. Ihre Werke sind, wie immer wieder eingefügte Texte und die Bildunterschriften untersteichen, Aussagen über Vorstellungen und Ideen, die umso deutlicher werden, je weniger Hinweise und Erinnerungen an natürliche Formen vorhanden sind.
Neben ihrem bildnerischen Schaffen ist Karin Döhler als Objektkünstlerin besonders mit ihren drei, vier Meter hohen „Säulen“ – Keramikstelen – bekannt geworden.
Für Karin Döhlers Schaffen wurde zuletzt noch ein anderer Kulturkreis bedeutsam, den sie in mehreren längeren Aufenthalten kennenlernte, der indische Subkontinent. Die vielfältige Formensprache der indischen Kunst, geprägt durch Sinnenhaftigkeit und Naturgebundenheit in der Tradition eines mythisch überhöhten Sensualismus, hat Themen- und Farbwahl ihrer neuen Arbeiten beeinflusst.